HMS Victory ist ein Linienschiff ersten Ranges, das Anfang der 1760er-Jahre für die Royal Navy gebaut wurde. Bekanntheit erlangte die Victory als Flaggschiff von Vizeadmiral Nelson in der Seeschlacht von Trafalgar. Sie ist das älteste in Dienst befindliche Kriegsschiff und liegt heute im Portsmouth Historic Dockyard, wo sie als Flaggschiff des Ersten Seelord und als Museumsschiff dient.
Die heutige Victory ist das sechste Schiff der Royal Navy, das diesen Namen trägt. 1758 riefen die Minister König Georgs II. ein Projekt zum Bau von zwölf Linienschiffen ins Leben. An der Spitze der Liste befand sich ein noch unbenanntes Schiff ersten Ranges mit mehr als 100 Kanonen, das in Chatham (Kent) gebaut werden sollte.
Das Jahr 1759 war ein „Jahr der Siege“ für Großbritannien. Gemessen an militärischen Erfolgen war es der Höhepunkt des Siebenjährigen Krieges. Auf dem Land gewannen britische Truppen und ihre Verbündeten in Surat (Indien), Minden und Québec. Zur See verzeichnete man die gewonnenen Schlachten bei Lagos und Quiberon. Aus der Euphorie um die Siege heraus gab man dem Schiff den Namen Victory (englisch für „Sieg“). Der Entwurf der Victory stammte von Sir Thomas Slade. Er basierte auf dem der Royal George von 1756.
Die Victory wurde am 14. Juli 1759 in Auftrag gegeben und am 23. Juli 1759, in Chatham auf Kiel gelegt. Am 30. Oktober 1760 wurde das Schiff als Victory getauft und am 7. Mai 1765 vom Stapel gelassen. Die Baukosten betrugen 63.176 Pfund Sterling. Nach dem Abschluss der Bauarbeiten wurde die Victory der Reserve in Chatham unterstellt. Mit dem Eintritt Frankreichs in den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg wurde die Victory am 12. März 1778 unter dem Kommando von John Lindsay in den aktiven Dienst gestellt. Im Mai 1778 wurde Lindsay durch Konteradmiral John Campbell ersetzt, nachdem Admiral Augustus Keppel seine Flagge auf der Victory setzen ließ.
Am 9. Juli 1778 stach die Victory von Spithead aus zusammen mit einer Flotte von 30 Linienschiffen in See, nachdem eine französische Flotte, bestehend aus 29 Schiffen, 160 km westlich von Ouessant gesichtet worden war. Der französische Admiral Louis Guillouet d’Orvilliers hatte Befehl, jegliche Gefechte zu vermeiden.
Durch den Windvorteil konnten die Franzosen in der Nacht in nördliche Richtung segeln. Während der nächsten drei Tage versuchte Keppel vergeblich die französische Flotte zu stellen, die sich immer weiter in den Atlantik zurückzog. Durch mehrmalige Winddrehung und wiederholtes Wenden beider Flotten kam es am 27. Juli gegen 11:20 zum Gefecht.
Während zwei seiner Schiffe in den Hafen von Brest flüchten konnten, mussten sich die verbliebenen 27 Schiffe nun der britischen Streitmacht stellen. Die Wetterbedingungen waren mit wechselnden Winden und heftigem Regen in den Tagen vor der Schlacht sehr schlecht für ein Gefecht. Am 27. Juli, am Tag der Schlacht, waren die Bedingungen günstiger. Den Briten gelang es, eine annähernde Schlachtlinie zu segeln, während die Franzosen sich nicht in einer geordneten Formation positionieren konnten. Tatsächlich gelang es zwar den schnellsten französischen Schiffen, an der britischen Linie vorbeizusegeln, die Victory gelangte jedoch in Gefechtsreichweite und konnte das Feuer auf das 110-Kanonen-Schiff Bretagne und das 90-Kanonen-Schiff Ville de Paris eröffnen. Keppel signalisierte seinen Schiffen, die Verfolgung aufzunehmen, die diesem Befehl aber offenbar nicht Folge leisten konnten, sodass es nicht zu weiteren Kampfhandlungen kam. Keppel musste sich später dafür vor einem Militärgericht rechtfertigen, bevor der Vorfall später sogar zu einem parteipolitischen Streit im Königreich Großbritannien ausartete.
Am 8. Februar 1780 wurde die Victory in Portsmouth mit Kupferplatten an ihrem Rumpf ausgestattet. Dies sollte ein Eindringen des Schiffsbohrwurms in das Holz und auch Fouling verhindern. Im April wurden die dreißig 32-Pfünder-Kanonen des unteren Kanonendecks durch dreißig 42-Pfünder ersetzt. Außerdem erhielt sie zwei 24-Pfünder-Karronaden auf dem Vorschiff und sechs 18-Pfünder-Karronaden auf dem Poopdeck.
Am 2. Dezember 1781 wurde die Victory von Kapitän Henry Cromwell Frankland (1741–1814) unter der Flagge von Konteradmiral Richard Kempenfelt befehligt. Sie lief am 10. Dezember 1781 zusammen mit elf anderen Linienschiffen, einem 50-Kanonen-Schiff 4. Ranges und fünf Fregatten aus, um einen aus Brest kommenden französischen Konvoi abzufangen. Kempenfelt ordnete die Verfolgung an, nachdem die ersten feindlichen Schiffe gesichtet worden waren. Er übersah den Umstand, dass der Konvoi von 21 Linienschiffen unter dem Kommando von Admiral de Guichen begleitet wurde. Damit war die zweite Schlacht von Ouessant eingeleitet. Als Kempenfelt schließlich die gegnerische Übermacht erkannte, gab er sich mit der Eroberung der 15 Konvoischiffe zufrieden und zog sich mit diesen Prisen zurück. Die französischen Geleitschiffe waren durch einen aufkommenden Sturm weit verstreut und konnten nicht mehr rechtzeitig eingreifen. Deshalb begaben sie sich zurück in heimatliche Gewässer, ohne dass es zu weiteren Gefechten kam.
Am 9. April übernahm John Bowmaster das Kommando, wurde aber bereits zehn Tage später durch Henry Duncan ersetzt. Für den größten Teil des Jahres leistete sie Geleitschutz für Konvois in der Nordsee. Nachdem sie an der Seeschlacht am Kap Spartel teilgenommen hatte, kehrte sie im Oktober nach der Befreiung von Gibraltar am 15. November nach Spithead zurück. Am 27. November segelte sie nach Portsmouth, wo sie für eine Überholung ausgemustert wurde. Dabei stellte man strukturelle Schäden fest, die durch die Kupferbeplankung entstanden waren.
1805 befehligte Vizeadmiral Nelson die britische Flotte, vor Toulon. In der Hoffnung, die Franzosen herauszulocken und in einer Schlacht zu stellen, beließ er es lediglich bei einer lockeren Blockade. Im März konnte das Geschwader von Admiral Villeneuve in Toulon die britische Blockade umgehen, schloss sich bei Cádiz mit einem spanischen Geschwader zusammen und segelte zu den Westindischen Inseln. Als Nelson am 10. April davon erfuhr, nahm er die Verfolgung auf. Nachdem er die Briten nach Westen gelockt hatte, segelte er zurück nach Europa, wo er beabsichtigte, die Blockade von Brest zu durchbrechen.
achdem Nelson Villeneuve nur um wenige Tage verpasst hatte, segelte er nach Europa zurück. Am 19. August erreichte er England, wo die Victory bis Mitte September überholt wurde. Nach dem Abschluss der Arbeiten stach die Victory am 15. September in See und vereinigte sich am 28. September mit der Blockadeflotte vor Cádiz. Am 21. Oktober sichteten die Briten die französisch-spanische Flotte, die tags zuvor in See gestochen war und nahmen die Verfolgung auf. Um 6:40 Uhr signalisierte Nelson seiner Flotte, zwei Kolonnen zu bilden: Sein Plan war, in zwei Linien auf den Gegner zuzusegeln und die gegnerische Schlachtformation zu durchbrechen. Dabei sollte die Victory die Luv-Division und die HMS Royal Sovereign die Lee-Division anführen. Beide Linien segelten daraufhin ostwärts auf den in nördlicher Richtung fahrenden Gegner zu. Nachdem die Victory für 40 Minuten dem Kreuzfeuer mehrerer Schiffe ausgesetzt war, konnte sie gegen 12:30 Uhr die feindliche Linie durchbrechen und das Feuer auf die Bucentaure und Redoutable eröffnen.
Durch eine massive Breitseite in den Heckspiegel wurde ein Großteil der Besatzung getötet, sodass die Bucentaure bereits nach zwei Minuten kampfunfähig war. Die französische Neptune näherte sich daraufhin der Bucentaure und feuerte auf die Victory, wobei sie Schaden am Fockmast und am Bugspriet erlitt. Die Victory fiel daraufhin nach Backbord ab und feuerte auf die sich von Steuerbord nähernde Redoutable. Beide aufeinander zu steuernden Schiffe kollidierten daraufhin und lagen nun direkt nebeneinander.
In dem sich anschließenden Mêlée wurde Nelson von einem Musketenschuss schwer verwundet und unter Deck gebracht, wo er gegen 16:30 Uhr verstarb. In der Zwischenzeit erreichte die Temeraire den Ort des Geschehens und nahm die Redoutable mit der Victory ins Kreuzfeuer, worauf die Besatzung sich gegen 13:30 Uhr ergab. Als immer mehr britische Schiffe in die Schlacht eingriffen und sowohl die Hauptflotte als auch die Nachhut allmählich überwältigt wurden, unternahm Vizeadmiral Pierre Dumanoir gegen 14 Uhr einen letzten Versuch, die Schlacht zu wenden. Kurz darauf musste er sich jedoch zurückziehen und Villeneuve war gezwungen, seine Flagge zu streichen.
Nach dem Ende der Schlacht geriet die Victory in einen schweren Sturm und erlitt dabei massive Schäden. Nachdem sie in Schlepp genommen worden war, erreichte sie schließlich am 29. Oktober Gibraltar. Nachdem das Schiff seetauglich gemacht worden war, verließ die Victory am 4. November Gibraltar in Richtung England. Als sie am 1. Dezember den Ärmelkanal erreichte, wurde sie erneut in Schlepp genommen und erreichte am 5. Dezember Spithead, wo sie vor Anker ging.