Merkava (hebräisch מרכבה „Streitwagen“) ist eine Serie israelischer Kampfpanzer, die seit 1978 produziert werden. Das neueste Modell (Merkava IV) wird seit 2003 an die israelischen Streitkräfte ausgeliefert. Eine Besonderheit des Kampfpanzers ist der Einbau des Antriebsstranges in die Wannenfront, um als zusätzlicher Schutz für die Besatzung zu dienen. Mit einer Fahrzeugmasse von 65 Tonnen ist der Merkava IV im Jahr 2012 der schwerste in Serie produzierte Panzer der Welt. Das Chassis wird auch im Mannschaftstransporter Namer verwendet.
Spätestens nach dem Sechstagekrieg war klar, dass sich das kleine Israel keine großen Verluste im Krieg leisten konnte. Während des Krieges kämpfte die Zahal mit AMX-13-Panzern, Centurions und M50 Super Sherman (einer erheblich kampfwertgesteigerten Variante des Ursprungsmodells M 4), während die Gegner mit gleichwertigen Fahrzeugen wie T-34-85, SU-100 oder dem M48 Patton angriffen. Um auch in zukünftigen Konflikten zumindest eine technologische Parität zu erreichen, unterzeichnete Israel 1966 ein Abkommen mit Großbritannien, um gemeinsam den Kampfpanzer Chieftain zu entwickeln.
Kurz zuvor fiel der bis dato zuverlässigste Waffenlieferant Frankreich aus, als Charles de Gaulle am 2. Juni 1967, unmittelbar vor Ausbruch des Sechstagekrieges, ein Waffenembargo über Israel verhängte. Großbritannien verlangte, dass Israel obsolete Centurions aus britischen Beständen kaufen sollte, im Gegenzug würde die Zahal an der Entwicklung des Panzers beteiligt werden.
Die Briten erklärten sich ebenfalls bereit, eine Chieftain-Produktionslinie in Israel aufzubauen. Jedoch trat Großbritannien 1969 auf Druck der arabischen Länder von diesem Abkommen zurück, nachdem zwei Prototypen des Panzers geliefert worden waren.
Israel erkannte, dass es sich von den Waffen- und Ersatzteillieferungen aus den alliierten Staaten unabhängig machen musste. Ein weiterer Grund für eine Eigenentwicklung waren die spezifischen Anforderungen der israelischen Armee. Während die Modelle der NATO-Staaten dazu konstruiert wurden, an jedem Ort der Erde und unter allen klimatischen Bedingungen zu funktionieren, stellt der Merkava eine Antwort auf das eng begrenzte Einsatzgebiet der Streitkräfte wie auch auf ihre charakteristische Taktik dar. So begann 1970 unter Leitung von General Israel Tal die Entwicklung eines Panzers, bei dem besonderes Augenmerk auf den Schutz der Besatzung gelegt wurde, der aber gleichzeitig möglichst einfach und preiswert sein sollte. Dadurch ergab sich eine Reihe von Besonderheiten: Da die zu dieser Zeit verfügbare Panzerungstechnologie keinen Schutz vor Hohlladungsgeschossen bot, wurde entschieden, den Antrieb als zusätzlichen Schutz für die Besatzung in die Front des Fahrzeuges einzubauen. Der Turm wurde sehr schmal gestaltet, da er in teilgedeckter Stellung die einzige Trefferfläche darstellt, und die Panzerung an der Turmfront wurde sehr stark geneigt. Die Hauptmasse der Munition wird in der Wanne gelagert, um bei Turmtreffern das Brandrisiko zu reduzieren. Bei den beweglichkeitsbestimmenden Komponenten wurden, verglichen mit den Kampfpanzern anderer Staaten, ebenfalls neue Konzepte umgesetzt: So wurde ein hoher Wert auf den Schutz vor Minen und Sprengfallen gelegt und der Unterboden entsprechend stark gepanzert. Am Fahrwerk wurden keine Drehstäbe verwendet, die in der Bodenwanne Platz beansprucht hätten, sondern Schwingarme, deren Oberseiten gegen Schraubenfedern drücken. So lassen sich beschädigte Fahrwerksteile schnell und kostengünstig reparieren. Die Luftfilter der Motoren wurden für die Wüste optimiert und bei den Gleisketten auf Gummipolster verzichtet. Da auch keine feuchten, matschigen Gebiete durchquert werden müssen, spielt der spezifische Bodendruck und somit das Fahrzeuggewicht eine untergeordnete Rolle. Merkava-Panzer sind nicht tiefwatfähig. Auf Transportierbarkeit mittels Bahn oder Flugzeugen wurde ebenfalls keine Rücksicht genommen.
Der erste Merkava Mark I wurde im April 1979 an die Zahal übergeben. Für die Produktion ist das MANTAK (Merkava Tank Office) zuständig, das dem israelischen Verteidigungsministerium untersteht. Der erste Kampfeinsatz eines Merkava Mk I fand im Libanonkrieg 1982 statt, als sich die ungewöhnliche Konstruktion gegen syrische T-72-Panzer bewährte. Die Erfahrungen flossen in das Nachfolgemodell Mk II ein, das ab 1983 produziert wurde. 1989 folgte das Modell Mk III mit modularer Verbundpanzerung, besserem Feuerleitsystem und 120-mm-Glattrohrkanone von Israel Military Industries. Das neueste Modell Mark IV befindet sich seit 2003 in Produktion. Wanne und Turm wurden komplett neu entwickelt, um bessere Leistungsparameter zu erreichen.
Der Merkava ist ein Kampfpanzer mit vierköpfiger Besatzung. Der Fahrer sitzt dabei vorne links im Fahrzeug neben dem Motor. Die restlichen Besatzungsmitglieder sind im Turm untergebracht. Der Ladeschütze befindet sich links von der Hauptwaffe, Kommandant und Richtschütze rechts davon. Durch die Verlegung des Antriebsstranges in den vorderen Teil der Wanne eröffneten sich weitere Nutzungsmöglichkeiten des Wannenhecks. Im Normalfall lagert hier beim Merkava die Munition in feuerfesten Behältern sowie ein 60-Liter-Wassertank für die Besatzung. Die Zahl der Geschosse kann aber reduziert werden, um eine kleine Gruppe Infanteriesoldaten zu transportieren oder einen Kommandoposten einzurichten. Es existiert sogar eine „Tankbulance“-Ausstattung mit zwei Tragen im Heck sowie medizinischer Ausrüstung und Personal zur Erstversorgung. Falls der eigene Panzer abgeschossen wurde, steht durch die Heckklappe auch ein weiterer Ausgang bereit. Über diesen kann das Fahrzeug während des Gefechtes auch aufmunitioniert werden.
Die Versionen Merkava Mk I und Mk II sind wie andere westliche Kampfpanzer der damaligen Zeit mit einer Lizenzproduktion der Royal-Ordnance-L7-Zugrohrkanone M68 im Kaliber 105 mm ausgerüstet. Der Höhenrichtbereich liegt bei +20° bis −8,5°. Mit der Waffe kann APDS-, HEAT-, HESH-, Phosphor- und APFSDS-Munition verschossen werden. Der gesamte Munitionsvorrat beträgt 62 Schuss, wovon sechs als Bereitschaftsmunition im Turm gelagert werden, der Rest in Containern im Wannenheck. Beide Versionen sind mit dem digitalen Feuerleitsystem Matador Mk 1 ausgerüstet, das einen Laserentfernungsmesser und andere Sensoren zu Ballistikberechnung verwendet. Es können Vorhalte für bis zu sechs verschiedene Munitionsarten berechnet werden. Dem Kommandanten steht ein Periskop mit wahlweise 4- oder 20-facher Vergrößerung zur Verfügung, das automatisch gegenläufig zur Turmbewegung rotiert (Pseudostabilisierung).
Der Richtschütze kann zwischen 1- und 8-facher Vergrößerung wählen.[5] Ab der Version Mark IIB steht ein Wärmebildgerät zur Verfügung; sonst muss nachts ein Schießscheinwerfer verwendet werden, um folgende Munitionsarten ins Ziel zu bringen:
M111 APFSDS: Wuchtmunition aus Wolframlegierung, das in Deutschland als DM 23 für die 120-mm-Kanone adaptiert wurde
M426 APFSDS: modernes Unterkalibergeschoss aus einer Wolframlegierung, Adaption des deutschen DM 63
M117 APAM: setzt luftzündende Submunition zur flächigen Bekämpfung von Infanterie oder Helikoptern frei; bei Aufschlagszündung explodiert die Submunition in der Granate (APAM englisch Anti-Personnel, Anti-Material)
M152 HEAT: Mehrzweckgranate mit Hohlladung
M494 APER-T: Kartätschenmunition mit 5.000 Flechettes (APER-T: englisch antipersonnel-tracer)
M156 HESH: Quetschkopfgranate, gegen Panzer und Gebäude
M158 SMOKE: Rauchgranate um Gegnern die Sicht zu nehmen
M436 STUN: nichttödliche Waffe, Effekt wie Blendgranate
M420 KE-Üb-Mun: simuliert das M426-Geschoss
Die Hauptwaffe wurde ab der Version Mk III durch eine 120-mm-Glattrohrkanone von IMI ersetzt, die 44 Kaliberlängen lang ist. Der Elevationbereich sank dadurch auf +20°/−7°; die Munitionsmenge auf 48 Geschosse. Das Feuerleitsystem wurde durch das modernere Knight Mk 3 ersetzt, das präzises Schießen aus der Fahrt heraus ermöglicht. Das System ist noch mit einem Automated Target Tracking (ATT) ausgerüstet, das den Haltepunkt automatisch auf das Ziel setzt.[6] Das Periskop des Kommandanten erhielt eine 4- und 14-fache Vergrößerung, zudem erhielt es die Möglichkeit, auf die Sichtsysteme des Richtschützen zugreifen zu können. Dessen Visier ist um beide Achsen stabilisiert und besitzt eine 5-fache Vergrößerung bei Infrarot- sowie 12-fach bei Tageslicht.
Erst die neueste Version Mk IV ist voll Hunter/Killer-fähig; hier wurde auch dem Kommandanten ein vollstabilisiertes Sichtsystem mit Wärmebildgerät zugestanden, während der Richtschütze das neue Feuerleitsystem Knight Mark 4 verwendet. Beim Mk IV ist im Turmheck auch eine Trommel mit zehn Schuss Bereitschaftsmunition eingebaut, um die Arbeit des Ladeschützen zu erleichtern.[8] Bei der Version Mk III Baz ist ein ähnliches System am Boden des Turmkorbes angebracht. Da die Waffe nach dem NATO-Standard für 120-mm-Glattrohrkanonen (STANAG 4385) konstruiert wurde, können alle Arten von 120-mm-Munition verschossen werden. Folgende Munitionsarten werden von der Zahal eingesetzt:
M322 APFSDS: Unterkalibergeschoss aus einer Wolframlegierung, Hauptmunition des Merkava gegen Kampfpanzer
M338 APFSDS: modernstes Unterkalibergeschoss mit Wolframpenetrator, basiert wie das M426 auf dem DM 63; die temperaturunabhängige Treibladung wird hier als Low Vulnerability propellant (LOVA) bezeichnet
LAHAT: lasergelenkter Panzerabwehrflugkörper mit bis zu 8 km Reichweite
M329 APAM: setzt luftzündende Submunition zur flächigen Bekämpfung von Infanterie oder Helikoptern frei; bei Aufschlagszündung explodiert die Submunition in der Granate
M339 HE-MP: programmierbare Hochexplosivgranate, wählbar zwischen Verzögerungszündung, Aufschlagszündung und Luftzündung
M337 STUN: nichttödliche Waffe, Effekt wie Blendgranate
M324 KE-Üb-Mun: simuliert das KE-Geschoss
Als Blenden-MG ist ein FN MAG im Kaliber 7,62 × 51 mm eingebaut, das über einen Munitionsgurt mit 2000 Schuss versorgt wird. Weitere Maschinengewehre gleichen Kalibers sind auf dem Dach vor der Luke des Kommandanten und dem Ladeschützen aufgebaut. Insgesamt werden etwa 10.000 Schuss MG-Munition mitgeführt. Bei Bedarf kann ab der Version Mk III LIC ein Browning M2 auf die Blende montiert werden, um als zweites koaxiales Maschinengewehr gegen besser geschützte Ziele eingesetzt zu werden. Damit können auch Technicals auf größere Entfernung zerstört werden.
Als Zusatz ist der Merkava noch mit einem 60-mm-Mörser ausgerüstet. Beim Mark I musste dieser noch von der Mündung geladen werden, was das Besatzungsmitglied gegnerischem Feuer aussetzte. Ab der Version Mk II kann der Mörser auch von innen geladen werden. Es werden etwa 30 Schuss mitgeführt, die aus HE-, Rauch- und Leuchtgranaten bestehen. Damit sollen verdeckte Panzerabwehrstellungen aus sicherer Position beschossen werden können.