Fairchild Republic A-10 Thunderbolt II

Die Fairchild-Republic A-10 Thunderbolt II (deutsch Donnerkeil), von ihren Piloten auch Warthog („Warzenschwein“) oder kurz Hog genannt, ist seit 1975 das wichtigste Erdkampfflugzeug der US-Luftstreitkräfte. Der einfach aufgebaute, effektive und robuste zweistrahlige Unterschall-Jet ist zum Einsatz gegen Bodenziele, vor allem zur Bekämpfung gepanzerter Fahrzeuge vorgesehen. Daneben wurde er als OA-10 auch in der Funktion als fliegender Feuerleitstand eingesetzt.

Geschichte und Entwicklung

Das Cockpit einer Fairchild-Republic A-10A Thunderbolt II
Das Cockpit einer Fairchild-Republic A-10A Thunderbolt II

Die Entwicklung der A-10 erfolgte innerhalb des Attack Experimental-(AX)-Programms der US Air Force, das im Juni 1966 initiiert wurde, um einen geeigneten Nachfolger für die Douglas A-1 zu finden. Diese zeichnete sich durch eine relativ einfache, robuste Konstruktion aus, konnte aber eine große Waffenzuladung mitführen, wodurch sie sich besonders für die Aufgabe der Luftnahunterstützung (Close Air Support – CAS) eigneten. Eine Aufforderung zur Einreichung von Entwürfen richtete die Air Force am 6. März 1967 an 21 Unternehmen. Die Forderung der US Air Force hatte auch den politischen Hintergrund, dass sie ein Gegengewicht zu den Bestrebungen von US Army und US Marine Corps darstellte, die jeweils eine eigene Beschaffung von CAS-Flugzeugen durchzusetzen versuchten.

 


War bei den ersten Entwürfen noch in den meisten Fällen eine Auslegung mit zwei Turboprop-Triebwerken vorgesehen, schwenkte man ab 1969 auf Mantelstromtriebwerke mit einem hohen Nebenstromverhältnis um. Am 7. Mai 1970 erhielten noch zwölf Hersteller die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten auf der Basis eines Stückpreises von 1,4 Mio. US-Dollar bei einem Produktionsumfang von 600 Maschinen. Angebote gaben Boeing, Cessna, Fairchild, General Dynamics, Lockheed und Northrop ab, wonach am 18. Dezember 1970 Northrop und Fairchild-Republic zu den Gewinnern erklärt wurde. Beide Unternehmen erhielten den damit verbundenen Auftrag zum Bau von zwei Prototypen. Am 1. März 1971 erhielten beide Muster ihre offiziellen Bezeichnungen Northrop YA-9 und Fairchild-Republic YA-10. Die erste YA-10 flog am 10. Mai 1972, die YA-9 folgte am 30. Mai 1972.

 

Die formelle Evaluation der Prototypen durch fünf Piloten des Tactical Air Commands und des AFSC dauerte vom 10. Oktober bis zum 9. Dezember 1972, wobei der erste Prototyp 307,6 Stunden und der zweite 328,1 Stunden geflogen wurde. Der Entwurf der A-10 setzte sich gegen den Konkurrenten durch. Auf Druck des US-Kongresses, der darauf bestand, dass die A-10 auch ein Vergleichsfliegen gegen die Vought A-7D durchführen solle, wurden die Mittel für vier YA-10A vorläufig gekürzt. Die Flüge mit beiden Flugzeugen wurden im April und Mai 1974 auf der McConnell Air Force Base durchgeführt, wobei vier Air-Force-Piloten die zweite YA-10 gegen eine A-7D einsetzten. Die YA-10 gewann vor allem auf Grund ihrer höheren Verweilzeit von zwei Stunden in einer Entfernung von 480 km von der Basis, die A-7 konnte dies nur für elf Minuten gewährleisten. Im Fall einer Beschaffung der vorgeschlagenen A-7DER hätte die A-7D einen längeren Rumpf, ein neues Triebwerk sowie die GAU-8-Avenger-Kanone erhalten.

Der Name Thunderbolt II greift die Bezeichnung der Republic P-47 Thunderbolt wieder auf, die im Zweiten Weltkrieg als Jagdflugzeug und später auch als Jagdbomber eingesetzt wurde. Der Spitzname „Warzenschwein“ geht auf die von vielen Soldaten empfundene Hässlichkeit des Modells zurück

Einsatz

Während der Operation Desert Storm 1991 über dem Irak erreichten die A-10 eine Zuverlässigkeit von 95,7 Prozent. Sie flogen 8100 Einsätze und starteten 90 Prozent der in diesem Krieg abgefeuerten AGM-65-Maverick-Flugkörper. Einer A-10 gelang hier auch der erste Luftsieg dieses Typs, als ein irakischer Bo 105 mit der Bordkanone abgeschossen wurde. 


Insgesamt wurden zwei Abschüsse irakischer Hubschrauber bestätigt. Fünf A-10 gingen verloren – weit weniger, als die Militärplaner erwartet hatten.

Das von einer 9K310 Igla-1 schwer beschädigte Heck einer A-10A
Das von einer 9K310 Igla-1 schwer beschädigte Heck einer A-10A

Im Jahr 1999 waren A-10 an der Luftoffensive der NATO im Kosovo-Krieg beteiligt. Sie wurden zur Vermeidung US-amerikanischer Verluste jedoch nur zurückhaltend eingesetzt, was einen effektiven Einsatz der Maschinen verhinderte. Während der US-amerikanischen Invasion in Afghanistan 2001 waren die A-10 zunächst nicht eingesetzt, wurden aber später auf dem Luftwaffenstützpunkt Bagram stationiert und nahmen an Angriffen auf Taliban-Stellungen teil, darunter auch bei der Operation Anaconda im März 2002. Infolge weniger restriktiver Angriffsregeln bewährten sich die Flugzeuge dort besser.

 

Im Jahr 2003 flogen die A-10 im Rahmen des Dritten Golfkrieges ein zweites Mal über dem Irak. 60 A-10 waren am Golf stationiert, eine davon ging gegen Ende der Kampfhandlungen durch irakisches Abwehrfeuer in der Nähe des Flughafens Bagdad verloren. 


Als im Jahr 2004 Pläne der US Air Force publik wurden, die A-10 aus dem Bestand zu nehmen, erbot sich sofort die US Army, die Flugzeuge zu übernehmen. Allerdings wäre dazu eine Änderung des Teilungsvertrages von 1947 zwischen Army und Air Force notwendig geworden, der besagt, dass die Army keine Starrflügelflugzeuge, sondern lediglich Hubschrauber einsetzen darf.

Stationierung

Die ersten serienreifen A-10A wurden im Oktober 1975 an die Davis-Monthan Air Force Base in Arizona geliefert. In den 1980er-Jahren sahen die Einsatztaktiken vor, dass die A-10 im Falle eines sowjetischen Angriffs auf Westdeutschland feindliche Panzerdivisionen stören sollten. In ständiger Rotation wurden eine Anzahl der 108 A‑10A der in England auf den benachbarten Basen RAF Bentwaters und Woodbridge stationierten Flugzeuge des 81st Tactical Fighter Wing auf sogenannte Forward Operating Locations (FOL) in Westdeutschland verlegt: Ahlhorn, Nörvenich, Sembach und Leipheim.

 

Der einzige permanente Stationierungsort einer A-10-Staffel in Deutschland, die ab 2009 auch die A-10C einsetzte, war nach dem Ende des Kalten Krieges zwischen Januar 1993 und Mai 2013 die Spangdahlem Air Base. Im ersten Jahr war dies die 510th und ab Frühjahr 1994 die 81st Fighter Squadron. Im Februar 2015 wurden insgesamt 12 dieser Flugzeuge wieder zurück nach Spangdahlem verlegt.

Zukunft

Die vergleichsweise geringen Kosten sind ein Grund, warum die A-10 trotz ihres mittlerweile recht hohen Dienstalters weiterhin im Einsatz bleibt. Sie bildet das Rückgrat der US-Luftstreitkräfte bei der Bekämpfung gepanzerter Fahrzeuge mit einer langen Anflugzeit ins Einsatzgebiet. Der ebenfalls für die Bekämpfung gepanzerter Einheiten eingesetzte Kampfhubschrauber AH-64 Apache hat eine wesentlich geringere Reichweite, kann nicht luftbetankt werden und ist gegen Beschuss weitaus weniger widerstandsfähig. Im Rahmen von Budgetkürzungen wurde die aus ehemals 365 aktiven Maschinen bestehende A-10-Flotte der USA erheblich verkleinert (fünf Geschwader wurden außer Dienst gestellt – wirksam ab Budgetjahr 2013). Im Rahmen eines Update-Programms bekommen die 242 im aktiven Dienst verbleibenden Maschinen neue Tragflächen (Hersteller Boeing), die auf eine Lebensdauer von 10.000 Flugstunden ausgelegt sind und die Flotte bis ins Jahr 2040 nutzbar machen sollen. Ein Ersatz durch die F-35 ist aktuell nicht geplant und wird von führenden US-Militärplanern ausgeschlossen. Wahrscheinlich ist, dass die A-10 durch ein unbemanntes Nachfolgemuster ersetzt wird. Die DARPA erhielt im Februar 2010 offiziell einen Auftrag für die Entwicklung eines unbemannten Nachfolgemusters für die A-10.

 

Überlegungen, die A-10 durch eine auf Erdkampf spezialisierte Version der F-16 zu ersetzen, wurden nach Einsatztests während der Operation Desert Storm aufgegeben. Die F-16 erhielten externe Behälter (Pods) mit einer modifizierten fünfläufigen Maschinenkanone, wie sie ähnlich auch in der A-10 verwendet wird. Beim Feuern wurde das ganze Flugzeug jedoch in starke Vibrationen versetzt, sodass ein gezieltes Schießen unmöglich wurde und Schäden am Flugwerk der Maschine befürchtet wurden. Die Versuche wurden nach nur zwei Tagen abgebrochen. Aktuell gibt es kein Flugzeug, das die A-10 im Rahmen ihres Aufgabengebietes ersetzen könnte. Bei der Befragung irakischer Kriegsgefangener ergab sich, dass die A-10 neben der Boeing B-52 das gefürchtetste Flugzeug der Alliierten über dem nahöstlichen Gefechtsfeld war.

 

Im Februar 2014 hielt US-Verteidigungsminister Chuck Hagel eine Rede, in dem er ein Kosteneinsparprogramm vorstellte, darunter den Plan, die gesamte A-10-Kampfflugzeugflotte stillzulegen. Laut dem Stabschef der United States Air Force, General Mark Welsh, könnte mit der Stilllegung der etwa 300 A-10 bis 2019 ein Betrag von 4,2 Milliarden US-Dollar eingespart werden. Allerdings blockierte das US-Repräsentantenhaus in einer Abstimmung am 19. Juni die Außerdienststellung der A-10. Am 20. Juni passierte das 'Defense bill' das Repräsentantenhaus – mit einem Anhang zum Thema A-10. Mitte Januar 2016 wurde bekannt, dass die Air Force ihre Pläne zur Ausmusterung der A-10 erst einmal auf Eis gelegt hatte, da die Maschine im Einsatz gegen den IS eine Schlüsselrolle einnahm. Auch in den Jahren 2021 und 2022 wurde die Ausmusterung durch das US-Repräsentantenhaus blockiert. Im Frühling 2023 stimmte der US-Kongress der Ausmusterung schließlich zu. Im Jahr 2023 sollen 21 der 281 noch fliegenden A-10 ausgemustert werdenund bis 2028 alle Übrigen.

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